Aktueller Wissenstransfer mit konkreter Praxisbezügen und vor allem der persönliche Austausch standen im Mittelpunkt der 9. Regionalkonferenz Rechtsextremismus in Boizenburg, zu der sich am Samstag vor einer Woche 90 politisch und überwiegend ehrenamtlich aktive Bürger*innen aus ganz Norddeutschland in der Rudolf-Tarnow-Schule trafen. Einmal jährlich bieten der Verein Miteinander leben e.V., das RAA-Regionalzentrum Westmecklenburg, das Regionale Beratungsteam Lübeck des AWO-Landesverbandes S.-H., das Ratzeburger Bündnis und der Landkreis Stormarn Multiplikator*innen diese Möglichkeit, sich zu aktuellen Erkenntnissen über die rechtsextreme Szene in Norddeutschland zu informieren, gemeinsam an Strategien gegen Rechtsextremismus und Rassismus zu arbeiten und dabei ein überregionales Netzwerk von Aktiven zu knüpfen. Dazu werden eine Reihe von fachspezifischen Workshops angeboten, die sich mit unterschiedlichen Aspekten des Rechtsextremismus befassen und von Expert*innen aus dem gesamten Bundesgebiet durchgeführt werden.
Boizenburgs Bürgermeister Harald Jäschke (Mitte) begrüßt die Konferenzteilnehmer*innen
© Regionalkonferenz Rechtsextremismus & Demokratieförderung
Der Fokus der diesjährigen Regionalkonferenz Rechtsextremismus lag auf dem Phänomen des „Rechtsextremismus im ländlichen Raum“ mit einem Schwerpunkt in den Themenstellungen des institutionellen Rassismus und des Alltagsrassismus, aber auch mit Blick auf die Rolle von Frauen im Rechtsextremismus. Dazu wurden Angebote für die praktische Arbeit der Aktiven geschaffen, so ein Argumentationsworkshop für die Auseinandersetzung mit Rechtspopulisten und Rechtsextremisten, ein Workshop zur Kampagnenarbeit in ländlichen Raum wie auch zur Elternberatung rechtsaffiner Jugendlicher sowie eine Förderbörse für Projektträger*innen. Zudem organisierte die Boizenburger Initiative fair_bockt e.V einen Jugendworkshop zum Thema „Hate Speech – Hass im Netz erkennen und begegnen“. Die Angebote wurden auf Grundlage einer umfangreicher Förderung durch die Bundeszentrale für politische Bildung wie auch im Rahmen des Bundesprogramms „Demokratie leben!“ durch die verschiedenen „Partnerschaften für Demokratie“ in der Region, im Kreis Herzogtum Lauenburg, in Ratzeburg und dem Amt Lauenburgische Seen, in Lauenburg, Büchen und Lütau sowie in Boizenburg und Lübtheen, ermöglicht.
Marius Hellwig von der Amadeu-Antonio-Stiftung referiert über Rechtsextremismus im ländlichen Raum
© Regionalkonferenz Rechtsextremismus & Demokratieförderung
Zur Einführung in die 9. Regionalkonferenz Rechtsextremismus referierte Marius Hellwig von der Amadeu-Antonio-Stiftung zu den Faktoren, die Rechtsextremismus in ländlichen Räumen begünstigen, ohne dabei zu vergessen, das Rechtsextremismus auch ein städtisches Phänomen sein kann. Boizenburgs Bürgermeister Harald Jäschke zeigte sich vom Zuspruch zur Konferenz beeindruckt und betonte, wie wichtig es sei, in der gemeinsamen Arbeit gegen Rechtsextremismus und Rassismus nicht nachzulassen und diese in solch einem überregionalen Kontext zu stellen. Dr. Daniel Trepsdorf, Leiter des RAA-Regionalzentrum Westmecklenburg, verwies in diesem Zusammenhang auf die Bedeutung der Konferenzen: „Hier können sich all die Demokratieverstärker*innen Ideen, Rückhalt und Austausch holen, die sie in ihrer alltäglichen Arbeit brauchen, um den eigenen langen Atem, der für die Arbeit gegen Rechtsextremismus und Rechtspopulismus nötig ist, zu bewahren.“ Und Mark Sauer vom Verein Miteinander leben e.V. ergänzte: „Die Anforderungen an dieses Engagement sind eher größer geworden, da sich im Zuge eines erstarkenden Rechtspopulismus alltagsrassistische Tendenzen in unserer Gesellschaft und eine Verrohung der zwischenmenschlichen Umgangsformen merkbar ausbreiten.“
Workshops und Raum für gemeinsamen Austausch … zum Thema „Hate Speech – Hass im Netz“
…zum Thema „Beratung und Gespräch mit rechtsaffinen Eltern in Kita und Schule“ …
… oder miteinander im Forum.
© Regionalkonferenz Rechtsextremismus & Demokratieförderung
Die Konferenzteilnehmer*innen äußerten sich durchweg zufrieden zu den angebotenen Inhalten, den Möglichkeiten zum gemeinsamen Gespräch aber auch zur umfassenden Versorgung, die durch das Lebenshilfewerk Hagenow organisiert wurde. Zur Regionalkonferenz 2018 verabredete man sich in Ratzeburg, dort wo die Regionalkonferenzen ihren Ausgang genommen haben. „Im kommenden Jahr werden wir bereits das 10. Mal zusammenkommen, ein guter Grund, dankbar Bilanz zu ziehen und neben dem fachlichen Austausch auch einen kulturellen Höhepunkt zu organisieren – das macht Mut und stärkt uns in unserer gemeinsamen Arbeit“, sagte Ratzeburgs Bürgermeister Rainer Voß als Vertreter des gastgebenden Ratzeburger Bündnisses.