Rechtsextremismus verstehen, erkennen und bearbeiten gelingt nur, wenn man die regionalen Bezüge und Vernetzungen von Neonazis einbezieht und zur Grundlage einer gemeinsamen regionalen Arbeit erhebt. In diesem Sinne wirkt die in Ratzeburg angestoßene Initiative einer kreis- und länderübergreifenden „Regionalkonferenz Rechtsextremismus“, die bereits zweimal mit großen Teilnehmerzuspruch durchgeführt werden konnte. Ihr Ziel ist es, kreis- und länderübergreifende (Stormarn – Lübeck – Herzogtum Lauenburg – Nordwestmecklenburg – Ludwigslust) einen Austausch und eine Zusammenarbeit von staatlichen und zivilgesellschaftlichen Akteuren zu etablieren und gemeinsam gegen Rechtsextremismus zu wirken.
Über 80 Bürgerinnen und Bürger diskutierten mit Experten auf der 3. Regionalkonferenz Rechtsextremismus in Lübtheen zu aktuellen Problemen
© Regionalkonferenz Rechtsextremismus & Demokratieförderung
Auf Einladung des RAA Regionalzentrum für demokratische Kultur Westmecklenburg (Ludwigslust), der Stadt Ratzeburg und des Beratungsnetzwerk gegen Rechtsextremismus Schleswig-Holstein trafen sich vergangenen Sonnabend erneut über 80 engagierte Bürger und kommunale Repräsentanten von Großhansdorf bis Ludwigslust, von Lübeck bis Lauenburg zur nunmehr 3. Regionalkonferenz Rechtsextremismus in der Lindenschule in Lübtheen, um in einem gemeinsamen Erfahrungsaustausch mit ausgewiesenen Experten konkrete Lösungsansätze zu aktuelle Problemlagen des Rechtsextremismus in den Kommunen zu finden.
Wunsiedels Bürgermeister Karl-Willi Beck beschreibt den offensiven Umgang seiner Gemeinde mit den alljährlichen Aufmärschen von Neonazis
© Regionalkonferenz Rechtsextremismus & Demokratieförderung
Karl-Willi Beck, Bürgermeister von Wunsiedel, der eigens aus Franken nach Lübtheen angereist war, eröffnete die Konferenz als Gastredner mit seinem Vortrag „Auseinandersetzung mit Rechtsextremismus – Der Wunsiedeler Weg: Wunsiedel ist bunt – nicht braun!“. In mitreißender und couragierter Weise skizzierte Beck die keineswegs leichte , aber letztlich erfolgreiche Entwicklung des kommunalen Engagement in der Wunsiedler Bürgerschaft gegen die alljährlichen, rechten Aufmärsche zur Grabstätte von Rudolf Hess, die jetzt aufgelöst wurde. Als alternativlos kennzeichnete er die „Kultur des Hinschauens und des Ansprechens“, die notwendig ist, um Rechtsextremen den Vorstoß in kommunale Freiräume zu verwehren oder sie zurückzudrängen.
Nachfolgend begaben sich die Konferenzteilnehmer in ihre Workshops, um themenorientiert in den Sachgebieten „Schule“, „Kommune“, „Sport“ und „Rechte Einstellungen“ an konkreten Problemstellungen zu arbeiten. Unterstützt wurden sie hier durch erfahrene Fachleute wie Kurt Edler vom Landesinstitut für Lehrerbildung und Schulentwicklung Hamburg, zudem Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Demokratiepädagogik e.V., Pastor Wilfried Manneke vom Netzwerk Südheide gegen Rechtsextremismus, Eckhard Schimansky, Projektleiter “Mobile Beratung im Sport“ (MoBiS) im Landessportbund Mecklenburg-Vorpommern e.V. und Till Stehn von der Friedrich-Ebert-Stiftung.
In einem mehrstündigen Diskussionsprozess wurden in einem Prozess der kollegialen Beratung gemeinschaftlich Lösungsansätze und Ideen entwickelt, wie man Rechtsextremen in den verschiedenen kommunalen Räumen begegnen und durch zivilgesellschaftliches Engagement zurückdrängen kann. Der sehr unterschiedliche Erfahrungshorizont der Konferenzteilnehmer wirkte hierbei sehr befruchtend und eröffnete vielfach neue Blickwinkel auf bestimmte Problemlagen.
Die Konferenzteilnehmer einigten sich darauf, die Regionalkonferenz in gleicher Weise fortzuführen und im Spätherbst in Grevesmühlen erneut zusammen zukommen.