Workshop-Angebote
16.11.2019, 09:30 – 17:00 Uhr
Albinus-Gemeinschaftschule
Schulstraße 1, Lauenburg
Nachfolgend unsere aktuelle Workshop-Übersicht für Ihre Auswahl. Die Workshops sind ganztägig konzipiert, ein Wechsel ist nicht vorgesehen.
Workshop 1
Gender und Rechtsextremismus in der späten DDR Referentin: Henrike Voigtländer
Obwohl die Staats- und Parteiführung der DDR immer wieder verkünden ließ, sie habe den „Hitler-Faschismus“ mit „Stumpf und Stiel“ überwunden, gab es Menschen, die öffentlich sichtbar Hakenkreuze schmierten, den Nationalsozialismus verherrlichten, andere Personen rassistisch und antisemitisch beleidigten oder tätlich angriffen sowie rechtsextreme Netzwerke bildeten. Auch Frauen vertraten autoritäre Einstellungen und oder nahmen wichtige Funktionen in der rechtsextremen Szene ein. Der Workshop untersucht, wie das Ministerium für Staatssicherheit und die Volkspolizei mit Frauen umgingen, die wegen rechtsextremem bzw. „faschistischem“ Verhalten auffällig wurden. Anhand von Quellen untersuchen wir dabei mit intersektionaler Perspektive, welche Rolle die Kategorien Geschlecht und die soziale Herkunft in ihrer Bewertung spielten und versuchen, darüber Einblick in die Geschichte des Rechtsextremismus in der DDR zu gewinnen sowie Beobachtungen über die heutige Wahrnehmung von Rechtsextremismus herzuleiten.
Henrike Voigtländer
Nach einer Ausbildung im Kunsthandel studierte Henrike Voigtländer Kunstgeschichte, Geschichte und Global History an der Humboldt Universität, Freien Universität und Universiteit van Amsterdam. Gemeinsam mit der Amadeu Antonio Stiftung erarbeitete sie die Wanderausstellung „Rechtsextreme Frauen in der DDR der 1980er Jahre – im Blick von Ministerium für Staatssicherheit und Volkspolizei“. 2018 entwickelte Henrike Voigtländer den „Lernort Keibelstraße“ in Berlin mit. Seit 2016 promoviert sie am Leibniz Zentrum für Zeitgeschichte zum Thema „Geschlecht, Sexualität und Herrschaft im Betriebsleben der DDR“. Sie ist Stipendiatin der Hans-Böckler-Stiftung.
Workshop 2
Antisemitismus und neue rechte Bewegungen
Referent: Dr. Olaf Kistenmacher
Vor drei Jahren schien es selbst kritischen Beobachtern noch, als spielte Antisemitismus bei den neuen rechten Bewegungen und Parteien kaum eine Rolle. Die Alternative für Deutschland inszeniert sich bis heute als Partei, die Judenfeindschaft bekämpfen würde, und bei den „Patriotischen Europäern gegen die Islamisierung des Abendlandes“ (Pegida) sah man immer wieder Israel-Fähnchen. Allerdings machten mehrere Skandale deutlich, dass sich in der AfD völkische Antisemiten sammeln und die Partei ohne Antisemitismus nicht zu haben ist. Auch bei Pegida und ähnlichen Aufmärschen wurde in den letzten zwei Jahren offen gegen „Juden“ gehetzt. An Beispielen wie Chemnitz im Sommer 2018 oder der Hetze gegen George Soros wird der Workshop ausführen, wie im Weltbild der Neuen Rechten rassistische und antisemitische Vorstellungen verbunden sind und warum antisemitische Aussagen weniger auffallen. Schließlich werden pädagogische Methoden vorgestellt, die sich in der Bildungsarbeit gegen Antisemitismus bewährt haben.
Dr. Olaf Kistenmacher
Dr. Olaf Kistenmacher, Historiker, ist seit fast 20 Jahren in der Pädagogik gegen Antisemitismus tätig. Seine Broschüre Was tun gegen Antisemitismus?! Anregungen zu einer Pädagogik gegen Judenfeindschaft im 21. Jahrhundert erschien in mehreren Auflagen. Mit Hans-Joachim Hahn gab er in diesem Jahr den Sammelband Beschreibungsversuche der Judenfeindschaft II. Antisemitismus in Text und Bild – zwischen Kritik, Reflexion und Ambivalenz heraus.
Workshop 3
Rechter Terror – das hat was mit mir zu tun?!
Referenten: Saskia Conradi und Daniele Kost (Regionales Beratungsteam gegen Rechtsextremismus Lübeck)
Rechter Terror scheint bei den Sicherheitsbehörden in Deutschland zunehmend ein Thema zu sein: In den vergangenen Jahren hat der Generalbundesanwalt in einer Vielzahl von Fällen Ermittlungen an sich genommen, um wegen des Verdachts auf rechten Terrorismus zu ermitteln. Gerichtsprozesse gegen Gruppen wie „Revolution Chemnitz“ oder die Kameradschaft „Aryans“ waren die Folge. Das ist nur die Spitze des Eisberges und nur eine Dimension rechten Terrors, die strafrechtliche. Doch ist es nicht die einzige.
In dem Workshop zu rechtem (Alltags-)Terror wollen wir einen Schwerpunkt auf die Perspektive derjenigen legen, die betroffen sind und angegriffen oder bedroht werden, ohne dass strafrechtliche Maßnahmen dies immer berücksichtigen. Gemeinsam wollen wir herausarbeiten, woran es liegen könnte, dass diese Perspektiven so wenig Gehör finden und welche strukturellen Gründe hinter der fehlenden Strafverfolgung liegen könnten. Ebenfalls werden wir uns damit beschäftigen, auf welche Weise rechter Terror von der Mehrheitsgesellschaft (nicht) wahrgenommen wird und an welchen Stellen diese (unbewusst) zu ihm beiträgt. Neben diesenAnalyseaspekten werden wir der Frage nachgehen, welche Handlungsmöglichkeiten auf individueller Ebene denkbar sind.
Workshop 4
Zwischen Verfassungseid und rechtem Korpsgeist – waffentragende Organisationen in der Bundesrepublik im Fadenkreuz militanter Neonazis Schwerpunkt: Bundeswehr und Reservistenverband
Investigativjournalisten Martin Kaul und Daniel Schulz von der Tageszeitung (taz) im Gespräch mit Dr. Trepsdorf (RAA-Regionalzentrum für demokratische Kultur Westmecklenburg)
Die aktuellen Recherchen einschlägiger Medien rund um den Verein Uniter e.V. (Netzwerk ehemaliger und auch aktiver Angehöriger von Sicherheitskräften und BW-Reservisten) sowie einem dubiosen Netzwerk-Administrator mit dem Alias „Hannibal“ (KSK-Hauptfeldwebel André S.), warfen viele Fragen auf. Zudem kam es im Norden anscheinend zu Verflechtungen zwischen den Akteuren waffenaffiner Preppergruppen („Nordkreuz“) und einzelnen Mitgliedern von Polizei, Anwaltschaft und Reservistenverband. Auch der Vorgesetzte von Michèle Kiesewetter, der Polizistin, die in Heilbronn Opfer des NSU-Terrors wurde, Ringo M., war Mitbegründer von Uniter. Die Dienstwaffen der beiden Polizisten wurden im November 2011 im Wohnmobil der NSU-Terroristen Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos in Eisenach gefunden. Ringo M. wurde daraufhin vom NSU-Untersuchungsausschuss des thüringischen Landtags als Zeuge vernommen. Handelt es sich hierbei lediglich um Zufälle und kontingente Entwicklungen? — Tatsache ist, dass die dominierende Binnenlogik waffentragender Organisationen wie Korpsgeist, unerschütterliches Überlegenheits- und Elitebewusstsein, eingeschränkte Reflexionsfähigkeit („Filterbunker“), der Primärfokus auf Formen gewalttätiger Auseinandersetzung, straffe Hierarchien, eine unkritische Binnensolidarität („Command and Obedience“ / „Kadavergehorsam“), fehlende Empathie sowie die strikte Abgrenzung nach Außen und ein autoritäres Staatsverständnis im Kontext der Bildung solcher Gruppen potentiell zuträglich sind. Gleichzeitig bedeutet dies nicht, dass dies stets und zwangsläufig für alle Mitglieder von BW-Reservistenverbänden als solche zu konstatieren ist. Nichtsdestoweniger gilt es, solcherlei potenziell fatale Zusammenhänge und Entwicklungen im Auge zu behalten, wenn es um die Weiterentwicklung und innerorganisationale Verbreitung demokratischer, menschenrechtsorientierter und zivilgesellschaftlicher Werte geht.