11. November 2023, 09:30 – 16:00 Uhr
Baltic-Schule in Lübeck

Die Konferenz lädt Menschen ein, die sich für Demokratie und gegen Rechtsextremismus und Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit engagieren und aktiv werden wollen. Sie bietet die Möglichkeit sich zu vernetzen und praxisnah mit aktuellen Entwicklungen auseinanderzusetzen. Inhaltliche Schwerpunkte in diesem Jahr sind u.a. die Wirkung von Hass, Rassismus, Antiziganismus und Erinnerungskultur. Der gemeinsame Austausch in Gesprächen und Workshops soll stärken, inspirieren, zusammenführen und motivieren.

Das Bild zeigt das Organisationsteam der 14. Regionalkonferenz vor der Marienkirche in Lübeck
14. Regionalkonferenz Rechtsextremismus & Demokratiestärkung ist zu Gast bei der Partnerschaft für Demokratie Lübeck © Partnerschaft für Demokratie Lübeck

Veranstaltende sind das Team der Regionalkonferenz Rechtsextremismus & Demokratiestärkung und die Partnerschaft für Demokratie Lübeck.

Regionalkonferenz Rechtsextremismus & Demokratiestärkung

Die Regionalkonferenz Rechtsextremismus & Demokratiestärkung, die in diesem Jahr zum 14. Mal stattfindet, richtet sich an die demokratisch engagierte Zivilgesellschaft im südöstlichen Schleswig-Holstein und dem nordwestlichen Mecklenburg. Sie wurde 2012 in Ratzeburg als Ergebnis eines länderübergreifenden Fachaustausches von Städten und Gemeinden zum Thema Rechtsextremismus gegründet. Sie versteht sich als Bildungs- und Erfahrungsraum für die engagierte Zivilgesellschaft und hat bis 2022 auf insgesamt dreizehn Regionalkonferenzen an verschiedenen Orten über 1.500 Teilnehmer*innen als Multiplikator*innen gegen Menschenfeindlichkeit und Rechtsextremismus handlungsorientiert geschult, überregional vernetzt und fachlich-inhaltlich fortgebildet. Die Regionalkonferenz Rechtsextremismus & Demokratiestärkung wird getragen durch ein überregionales Organisationsteam, das sich für die jährliche Konferenzausrichtung verantwortlich zeigt. Dazu gehören die Stadt Ratzeburg und das angeschlossene Ratzeburger Bündnis, das RAA-Regionalzentrum für demokratische Kultur Westmecklenburg, das Regionale Beratungsteam gegen Rechtsextremismus in Lübeck der AWO-SH, der Verein Miteinander leben e.V. in Mölln sowie der Fachdienst Familie und Schule, Kinder- und Jugendschutz des Kreises Stormarn.

Partnerschaft für Demokratie Lübeck – 3. Demokratiekonferenz

Die Partnerschaft für Demokratie Lübeck ist ein Teil des Bundesprogramms „Demokratie leben!“ und setzt sich für ein friedliches, demokratisches Zusammenleben in der Stadtgesellschaft ein. Sie wird vom sozialpädagogischen Verein Sprungtuch e.V. umgesetzt und vom Bereich Jugendarbeit der Hansestadt Lübeck federführend begleitet.

Hier kommen Verantwortliche aus der kommunalen Verwaltung sowie Akteur:innen aus der Zivilgesellschaft – aus Vereinen und Verbänden und ehrenamtlich Engagierte – zusammen, um lokale Strategien zu entwickeln und demokratisches Engagement zu fördern.

Auf der jährlichen Demokratiekonferenz in Lübeck können die verschiedensten Akteur:innen und alle Interessierte in der Stadt aktuelle Themen gemeinsam und mit Fachleuten diskutieren, Erfahrungen austauschen und Ideen entwickeln, um das Engagement in Lübeck voran zu bringen.  

Einführungsvortrag – Die postmigrantische Gesellschaft und ihre Feinde

Prof. Dr. Vassilis S. TsianosFH Kiel

Rechtspopulistische nationalradikale Parteien in Europa deuten den liberalen Wandel der europäischen Gegenwartsgesellschaft als soziale und nationale Dystopie, die sie mit autoritären Mitteln bis zum Systemumsturz aufhalten wollen. Zu den entscheidenden Dimensionen dieses Backlashs gehören die Wiederkehr des Konzepts der „Rasse“ und des „Völkischen“ und ihre Rekombination mit einem neopatriarchalen Antifeminismus. Antisemitismus, antimuslimischer Rassismus und Antifeminismus bilden die Kernelemente eines Mainstreamisierungsversuchs neorassistischer Hegemonien in Europa, der mit dem Rückgängigmachen des Wandels Richtung postmigrantischer und postkolonialer Gesellschaft einhergeht. Dabei agieren transnational organisierte rechtspopulistische Netzwerke und Think Tanks mittels Empörungsnarrative wie „cancel culture“ und „alternative Fakten“ bis in die Wissenschaft selbst hinein. Doch Rassismus ist kein exklusives Alltagsgeschäft des organisierten politischen Rechtsradikalismus in Deutschland, sondern banal und alltäglich, systemisch verankert und flexibel in der Viktimisierung seiner Adressaten. Dieser Alltagsrassismus wird immer wieder durch die Aktualisierung eines rassistischen Wissens neu begründet, medial und individuell plausibilisiert und stellt praktisch neue Grenzen der Zugehörigkeit in der Einwanderungsgesellschaft her.

Prof. Dr. phil. Vassilis S. Tsianos (FH Kiel) unterrichtet Soziologie an der Fachhochschule Kiel. Zu seinen Arbeitsschwerpunkten gehören die Soziologie der postmigrantischen Gesellschaft, sozialwissenschaftliche Rassismusforschung sowie die Biometrisierung der europäischen Grenze. Vassilis Tsianos ist Vorstandsvorsitzender des Rates für Migration und Mitglied der Expertenkommission „Agency for Fundamental Rights“ (FRA) der Europäischen Union. Aktuell arbeitet er an einem Lehrbuch Rassismus in gesellschaftlichen Strukturen und Lebenswelten für den Kohlhammer Verlag, in dem im Anschluss an den Critical Race Studies institutionalisierte Formen des Rassismus in der postmigrantischen Gesellschaft analysiert werden.

Workshops

Hier sind die verfügbaren Workshops zu finden. Klicken Sie auf einen Titel um mehr über den Workshop zu erfahren!

Workshop 1

Struktureller Rassismus und Intersektionalität

Struktureller Rassismus und Sexismus geht über individuelle Vorurteile hinaus – er bezieht sich auf ganze Systeme und Praktiken, die rassistische Ergebnisse hervorbringen, unabhängig von den individuellen Absichten der Akteur:innen. Er führt zu Benachteiligung bestimmter Gruppen in nahezu allen gesellschaftlichen Bereichen, von Bildung und Beschäftigung über Wohnen und Zugang zu Freizeitaktivitäten bis hin zu politischer Teilhabe. Welche Gruppen sind dies und wie sind sie betroffen? Trifft es vielleicht auch uns? Was können wir vor Ort tun, um dieser Benachteiligung entgegen zu wirken? Diesen und weiteren Fragen wollen wir uns gemeinsam stellen. Dazu lernen wir spielerisch auch das Konzept der Intersektionalität kennen, welches den Blick auf die Überschneidung einzelner Formen der Benachteiligung legt und so die einzigartigen Herausforderungen und Ungerechtigkeiten bestimmter Gruppen in den Fokus stellt.

In aller Kürze werden auch bereits vorhandene Pläne und Maßnahmen der Hansestadt Lübeck vorgestellt, die Rassismus entgegen wirken und die Gleichstellung von Migrant:innen bzw. Frauen fördern sollen.

Referent:innen

Duygu Bräuer studierte Politikwissenschaft (M. Sc.) an der Ankara Universität, Türkei mit den Schwerpunkten Gender- und Queer Studies, Migration und Intersektionalität. Sie engagiert sich seit Jahren in Frauen*-, Migrant*innen und LGBTIQ- Bewegungen, Vereinen und Netzwerken. Seit 2017 ist Duygu Bräuer im Vorstand von DaMigra e.V. (Dachverband der Migrantinnenorganisationen). Sie ist in der politischen Bildungsarbeit tätig.

Sandra Rickert, Koordinatorin des kommunalen Programms zur Europäischen Städtekoalition gegen Rassismus, Hansestadt Lübeck

Petra Schmittner, Mitarbeiterin im Frauenbüro, u.a. für „Mehr Vielfalt in die Kommunalpolitik“ und Partizipationsprojekte, Hansestadt Lübeck

Workshop 2

Rassistische Mobilisierung gegen Geflüchtete in MV und SH

„Nach 2015/16 gibt es erneut Demonstrationen gegen Geflüchtete und rassistisch motivierte Angriffe. Bürgerversammlungen eskalieren, Kreistage werden gestürmt und Politiker:innen und Ehrenamtliche werden bedroht. Woher kommt dieser Hass, der sich gegen die Geflüchteten, aber auch gegen Engagierte und politische Verantwortungsträger:innen richtet? Welchen Einfluss haben AfD und andere rechte Akteure darauf? Welche Rolle spielen Medienberichterstattung und (Kommunal)Politik? Gemeinsam mit den Teilnehmenden wollen wir diesen Fragen zunächst anhand einer Medien- und Politikanalyse auf den Grund gehen und im Anschluss diskutieren, was im Vorfeld und als Reaktion auf solche Mobilisierungsdynamiken getan werden kann.“

Workshop-Leitung: Michael Staack und Stefan Kollasch, Regionalzentrum für demokratische Kultur Westmecklenburg

Gäste: Oliver Kreuzfeld (Redakteur, „Endstation rechts“) und Rico Reichelt (Bürgermeister, Stadt Boizenburg)

Workshop 3

HASS spaltet … MENSCHEN und GESELLSCHAFTEN!

Hass ist eine starke Emotion. Er zerstört Beziehungen, zerstört Gesellschaften. Hass hat Potential. Er bewegt Menschen, mobilisiert Massen. Hass ist mächtig und wirkungsmächtig. Wie die Liebe auch. Hass hat gerade in dieser Hinsicht immer auch schon den politischen Raum durchzogen, Menschen in Kriege getrieben oder Menschen zu Terroristen gemacht.

Mit dem Aufkommen der sozialen Medien hat Hass weitreichenden Zugang zur Alltagswelt erhalten, kann Homophobie in jeder Form fördern und nahezu alle Menschen erreichen. Gerade diese digitale Macht des Hasses wird genutzt, für politische, für ideologische Zwecke. Mit Hass wird rekrutiert, mit Hass wird zersetzt. Hass kann sein Geistesgift ungefiltert verbreiten. Warum funktioniert Hass so gut? Was ist das Geheimnis seiner Macht, über Menschen, über Gruppen, über Gesellschaften. Dieser Frage möchte der interdisziplinäre Workshop von Dr. Clemens Veltrup (Psychologe und Psychotherapeut) und Dr. Udo Metzinger (Politikwissenschaftler) nachgehen. Analysiert wird der Hass in uns und der Hass in unserer Gesellschaft. Ziel ist es, die Mechanismen des Hasses im menschlichen, im gesellschaftlichen und politischen Umgang zu verstehen. Ziel ist es aber auch, Strategien aufzuzeigen, um Hass entgegenzuwirken.

Workshop mit Dr. Clemens Veltrup (Psychologe und Psychotherapeut) und Dr. Udo Metzinger (Politikwissenschaftler)

Workshop 4

Erinnerungspolitische Kämpfe in Folge rassistischer Morde und Anschläge

Informationen und Diskussionen mit und von Faruk Arslan (Vater von Yeliz Arslan, Sohn von Bahide Arslan, Brandanschlag Mölln 1992), Esperanca Bunga (Überlebende des rassistischen Brandanschlags von Lübeck 1996) und Gürsel Yildirim (Initiative zum Gedenken an Ramazan Avcı, der 1985 in Hamburg aus rassistischen Motiven ermordet wurde).

Der Workshop beschäftigt sich mit langjährige Erfahrungen von Angehörigen, Überlebenden und Gedenkinitiativen im Kampf gegen das Vergessen. Wir diskutieren, wie wir gemeinsam die Opfer von rassistischen Morden würdigen, die Anliegen der Angehörigen und Überlebenden stärken sowie für eine erweiterte Handlungsfähigkeit im Sinne der erinnerungspolitischen Kämpfe einstehen können.

Referent:innen

Gürsel Yildirim (Hamburg)

Esperanca Bunga (Nürnberg)

Faruk Arslan (Hamburg)

Workshop 5

Zerstörte Vielfalt – Sinti und Roma – Diskriminierung erkennen und handeln

Sinti und Roma leben seit Jahrhunderten in Europa. Der Workshop beschäftigt sich mit der Geschichte der Sinti und Roma und deren Diskriminierung. Außerdem sollen Vorurteile erkannt und Handlungsmuster für eine diskriminierungsfreie Begegnung erarbeitet werden.

Referent:innen

Rolf-Ulrich Schlotter, Berry Paskowski und Carmen Weiß (Landesvorstand des Verbandes Deutscher Sinti und Roma e.V. – Landesverband Schleswig-Holstein)

Workshop 6

Vernetzungsworkshop für zivilgesellschaftliche Bündnisse:

Antifaschismus im ländlichen Raum – Vernetzungsworkshop

Antifaschistische Strukturen arbeiten insbesondere in ländlich geprägten Regionen unter prekären Bedingungen. Zwischen Handlungsdrang und Zeitmangel finden sich oftmals kaum Kapazitäten zum Stärken, kritischen Hinterfragen und Vernetzen der eigenen Struktur.

Diesen Zielsetzungen wollen wir uns in dem Workshop widmen. Wir werfen einen Blick auf die Vorteile der Bündnisstrukturierung im ländlichen Raum, schauen uns die Aufbauweise lokaler rechter Strukturen an und streben eine überregionale Vernetzungsplattform für die demokratische Zivilgesellschaft im südöstlichen Schleswig-Holstein und Westmecklenburg an.

Anmeldung

Die Anmeldung ist nun geschlossen. Vielen Dank für Ihr Interesse!